14. März 2008

Praxis der deutschen Schulpflicht unhaltbar

Die Briten sind, was Staatsgewalt gegenüber Bürgern in Deutschland angeht, durch die Geschichte immer noch sehr sensibilisiert. Falsch ist jedoch, dass irgendjemand behauptet, in Deutschland gäbe es nationalsozialistische Erziehungsziele. Weder britische Zeitungen, noch irgendwelche Eltern haben das verdreht.
Die britischen Zeitungen haben auch nicht  geschrieben, dass Menschen "in Scharen" aus Deutschland fliehen. Es ist allein von Familien die Rede, die wegen der Unmöglichkeit des privaten, häuslichen Unterrichts in Deutschland das Land verlassen.
Also zu den Fakten: Zwei der vier vom "Observer" stundenlang interviewten Familien sind tatsächlich aus o.g. Grund geflohen. Viele hundert andere, deutsche Familien sind ebenfalls wegen eines Bildungsansatzes ohne Schulbesuch, den sie hier nicht verwirklichen konnten, in die umliegenden Länder ausgewandert. Soweit, so recht, denn in Deutschland besteht eine besondere Art der Schulpflicht, die es in dieser Form in anderen Ländern eben nicht gibt.  Das ist einzigartig, gibt es doch in allen Ländern der Welt - gedeckt durch die Menschenrechte - auch Möglichkeiten schulfreier Bildung, wie etwa durch Privatunterricht, Fernunterricht oder "otherwise", womit  juristisch "home education" oder "homeschooling" gemeint ist.
Was hat nun aber das Ganze mit den Nazis zu tun? Trotz einer 1919 vereinbarten Schulpflicht, was und welcher seichte Rahmen auch immer damit gemeint war, gab es weiter vielfältige Bildungsangebote, Privatunterricht und Bildung zu Hause. Z.B. durfte auch der spätere Widerstandskämpfer Dr. Dietrich Bonhoeffer mit seinen Geschwistern die gesamte Grundschulzeit bei der Mutter lernen, ohne mit der damaligen Rechtspraxis in Konflikt zu geraten.  Durch das Reichsschulpflichtgesetz von 1938/39 rechtlich untermauert, sorgten schließlich die Nazis dafür, dass - natürlich aus ideologischen Gründen - Bildung für Minderjährige ausschließlich institutionsgebunden zu erwerben war. Der Schulbesuch wurde staatlicherseits erstmalig erzwungen.
Nach dem verlorenen Krieg wurden die an Schulen gebundenen Bildungsgesetze teilweise wortwörtlich in die entstehenden Bundesländer übernommen, natürlich mit Auslassung der nationalsozialistischen Zielsetzung.
Gesellschaftlich müssen wir uns also heute schon fragen lassen, warum ausgerechnet nur in Deutschland und entgegen der Freiheit weltweit alle Modelle des "Homeschooling" verboten sein sollen. Und wenn die Allgemeinheit, der Staat,  sich schon über die international selbstverständliche Erziehungsverantwortung der einzelnen Eltern hinwegsetzt und per Gesetz Schulbesuch für alle fordert, müßte Bildung ohne Schulbesuch noch lange nicht bestraft werden. Die heute gängige Praxis der Androhung von Sorgerechtsverlust oder Zwangsgeld ist demokratisch und international betrachtet unhaltbar.  (J. Edel)

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