17. Oktober 2008

Story (Ausgabe #44)

Homeschooling nach Montessori - egal wo

Wir sind eine Familie mit drei Kindern und 100% überzeugt von der Lehrmethode und Philosophie von Maria Montessori.

Unsere Tochter, jetzt 13, geht in die 9. Klasse und hat das Ziel einen Quali mit 1 abzulegen. Trotz Montessorischule wurde uns nach der 2. Klasse gesagt, Jamila wäre höchstens unterdurchschnittlich mathematisch begabt. Dies widersprach einem Gutachten des Arztes, wonach Jamila bitte möglichst sofort mit fünf eingeschult werden sollte wegen ihrer Begabung in Mathematik. Da zeigten sich bei uns die ersten Risse in unserer Überzeugung (des deutschen Schulsystems). Denn auch Montessorischulen sind dem deutschen Schulsystem verpflichtet und betreiben auf Antrieb leistungsorientierter Eltern den deutschen Lehrplan. Ich habe danach meine Tochter selbst 6 Wochen lang in Mathe unterrichtet mit dem jetztigen Ergebnis, seit ein paar Jahren eine Einserschülerin zu haben. Felix Fall lag anders. Felix hatte schon im Kindergarten Probleme mit Gruppen, hat den Sitzkreis gehasst und grundsätzlich bei nichts mitgemacht. Das Ergebnis hiervon war eine Empfehlung der Kindergärtnerin, Felix in eine Förderschule zu schicken. Außerdem wurde von dieser Kindergärtnerin die Aufnahme von Felix in eben die selbe Schule boykottiert, die auch meine Tochter schon damals 7 Jahre besucht hat. Felix ist hochbegabt, sehr intelligent und sensibel. Uns blieb vorerst nichts anderes übrig, als ihn hier in der Sprengelschule einzuschulen. Es war ein Fiasko: Felix hat sich gelangweilt, dadurch andere Kinder gestört, nicht mitgearbeitet und galt nach ein paar Wochen als verhaltensauffällig. Ostern bekam er einen Platz an der Internationalen Montessorischule in München. Dort wurde es besser, er fing an zu lernen und durfte sich vor allem im Fach Chemie weiterbilden, denn zufällig war die Zweitlehrkraft Chemikerin. Trotzdem blieb immer das Aggressionsproblem. Felix wurde von anderen Kindern ausgelacht, er war nicht in der Lage sich verbal zu wehren, es endete regelmäßig in Rangeleien. Felix ist sehr groß für sein Alter, etwa wie ein 6-Klässler. Seine Lieblingslehrerin ging Ende des letzen Schuljahres und wurde von einem Lehrer ersetzt. Am dritten Schultag des neuen Schuljahres hat Felix diesen Lehrer getreten. Felix hatte Fußballschuhe an, entsprechend war die Verletzung, wobei Felix nicht wußte, dass er mit einem Fußtritt so viel anrichten könnte. Der Lehrer hatte ihn festgehalten, aus was für einem Grund wissen wir bis heute nicht. Sicher war Felix schwierig. Aber für mich sieht das eher nach Notwehr aus. Das Ergebnis hieraus war die Kündigung der Schule und der Ausschluß vom Nachmittagsunterricht bis zum Eintritt der Kündigung. Die Krönung war der Ausschluß meines Sohnes von einem "Raubtierprojekt", welches ihn interessiert hätte. Die Lehrerin behauptete, Felix hätte sich nicht "eingetragen". (Wieviel Bürokratie ist notwendig, um ein Kind zu unterrichten?) Mir schien das alles kontraproduktiv. Seine Abwehr gegen Gruppen nahm zu und damit auch seine Aggressionen.
Wenn man die Richtlinien von Maria Montessori kennt, sollte man wissen, dass jedes Kind ein Individuum ist und als solches seinen eigenen "Lehrplan" in sich trägt. Dies gilt meiner Ansicht nach nicht nur für das Erlernen von "Wissen", sondern für alle Bereiche, auch den, mit anderen Menschen umgehen zu können. Bis zu dem Zeitpunkt der Kündigung war Felix Bettnässer. Seit er weiß, dass wir alles daransetzen werden, ihn zu Hause zu unterrichten, ist sein Bett trocken. Er ist wieder das fröhliche, überschäumende und neugierige Kind, das er vor seiner Kindergartenzeit und seiner Schulzeit war. Er lernt mit - manchmal noch mit anfänglichen Motivationsproblemen vor jedem Unterricht - und macht selbst Vorschläge, was man machen könnte und wir führen gerade sein persönliches "Raubtierprojekt" durch. Das ist auch für mich als "Lehrerin" eine echte Bereicherung. Wir beschäftigen uns mit Zähnen und Klauen. Neu war mir zum Beispiel, dass Geparden nicht wirklich zu den Katzen gehören. Sie haben zu schmale Tatzen und können - wie Hunde - ihre Krallen nicht ausfahren. Oder dass sich Dinos im Rudel genau so verhalten haben wie heute noch eine angegriffene Büffel-Herde. Alles sehr spannend. Ich denke, das Ergebnis unseres persönlichen Homeschooling-Projektes wird nicht nur ein "wissendes" Kind, sondern eine "wissende" Familie sein. Fest steht, dass unser jüngstes Kind, gerade 2 1/2, weder einen Kindergarten, noch eine Schule besuchen wird. Wir sind dabei nach Kanada auszuwandern. Felix haben wir an der Clonlara-School angemeldet. Da besteht auch die Möglichkeit für meine Tochter, einen Highschool-Abschluß zu bekommen. Es werden sogar ihre Noten aus der 9. Klasse Montessorischule angerechnet. Wir können sozusagen unsere Schule mit in unser Leben nach Kanada nehmen und unabhängig von Ämtern und Vorschriften unsere Weltreise antreten - schließlich: Reisen bildet. Das wissen nur die Deutschen Schulämter nicht. In einem Interview mit Rockefeller sagte dieser auf die Frage, was er von dem derzeitigen Präsidenten hielte: Reisen vor allem in jungen Jahren bildet, leider hatte Mr. Bush die Gelegenheit dazu nicht.... (N.N.)

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