12. September 2008

Volle Bildungsfreiheit jetzt!

Integration, Individualität und Interesse beim Lernen

Schulbildung muss neben Wissen und Fähigkeiten vor allem Folgendes bedeuten:
Gesellschaftliche Teilhabe, verbale Anerkennung, persönliche Förderung, Charakterbildung, Sinn- und Realitätsbezug, Lebenspraxis, individuelle Entfaltungsmöglichkeiten.

Jedes Kind hat ein Recht auf ein Bildungskonzept, das Integration, Individualität und Lerninteresse gleichermaßen berücksichtigt. Es muss auf jeden Menschen individuell eingehen können, auch wenn dazu im Einzelfall ausschließlich Einzelunterricht und -nachhilfe in Betracht kommen. Demokratische Grundwerte wie Freiheit, Selbstbestimmung aber auch Respekt, Inklusionsbereitschaft und Toleranz gegenüber Andersdenkenden werden in der globalisierenden Welt im Leben und Beruf Erwachsener zwar immer wichtiger, spielen aber im Schulwesen leider so gut wie keine Rolle.

Gründe dafür könnten im pauschalen, steuerfinanzierten Ansatz liegen, ein Ansatz, der keinerlei Raum für flexible Lernorte, für persönliche Lehrer-/Schülerbeziehungen oder für dialogisches Lernen mehr bietet und immer mehr dem Sparzwang der öffentlichen Kassen unterworfen ist. Schulbildung per Schulbesuch wird immer mehr zu einer Mindest- und Minimalversorgung. Lehrende und Lernende werden gezwungen, Lebens- und Lernzeit ineffizient zu verbraten. In Anbetracht neuer Medien und Möglichkeiten rücksichtslos. Das mögliche Wissens- und Fähigkeitsspektrum wird angesichts der Wissensexplosion immer mehr eingeschränkt. Die vermittelte Schulbildung wird eingleisiger, schmalspuriger, pauschaler. Aber auch die Integrations- und Sozialisationsleistung der Schule erfüllt heute nur noch minimale Anforderungen. Selbst einfachste Haushaltsführung, die Zubereitung eines Mittagessens oder Gartenpflege sind zu Fremdwörtern bei Schulabgängern geworden. Wie sollte mit dieser Schulbildung je einmal Verantwortung für eine eigene Familien übernommen werden können?

Warum es der Stat nicht richten wird

Ohne erhebliche und grundsätzliche Verbesserungen, deren Möglichkeit nicht mehr im Bereich dieses Systems selbst liegt, dürfen alternative Konzepte wie "Home Education" im Ausland nicht länger unterdrückt werden. Die Schule in Deutschland als einziges Bildungskonzept ist nicht mehr geeignet, allen Anforderungen und Bedingungen von Kindern in gerechter Weise nachzukommen. Mit ihrer weit aufgeblasenen Bürokratie ist sie selbst bereits der Kropf des Bildungswesens geworden und daher in sich unfähig zu jeder wirklich wirksamen Reform. Was können wir dagegen tun? Wie müssen sich die Politik und gegebenenfalls die Gesetze ändern. Weiter Schönreden, Wegdiskutieren oder Herumdoktern?

Der Verein Schulbildung in Familieninitiative e.V. hat nun über Jahrzehnte einschlägige Erfahrungen mit allen Formen der Bildung sammeln können. Die Mitglieder, zu denen Schul- wie Nichtschulfamilien, Wissenschaftler oder z.B. auch der ehemalige Schulrat der Stadt Frankfurt/Main gehören, haben tiefsten Einblick in alle Formen der Bildung, innerhalb und außerhalb des Schulwesens. Wenn wir uns die traurige Entwicklung des Schulsystems der letzten 30 oder 60 Jahre anschauen, kommt man schnell zu der Überzeugung, dass nur eine einzige grundlegende Entscheidung helfen könnte. Damit sich überhaupt noch etwas zum Guten wenden kann, muss die staatliche Federführung bei der Bestimmung der Konzepte aufgegeben werden! "Entlassen wir unser Bildungssystem in die Freiheit", forderte der Altbundespräsident Roman Herzog bereits vor einem Jahrzehnt. Völlig richtig, aber bisher leider vergeblich. Die Lösung für das öffentliche Schulsystem kann nur komplette "Selbstständigkeit" der Schulen, Individualität vor Ort und Vielfalt der möglichen Pädagogik bedeuten. Daneben muss der staatlich angemaßte, eigenständige Erziehungsauftrag (s.u.) sowie der Zwang zur Inanspruchnahme von Schulen aufgegeben werden. Überhaupt sollte die mit Zwang und Zentralismus einhergehende Schulpflicht in ein offenes Bildungsgebot mit kompletter Bildungsfreiheit übergehen. Nur so können sich junge Menschen und Familien in diesem Lande vielfältig und verschieden entfalten, Eigenständigkeit, Verantwortung und Kreativität entwickeln und auf internationaler Bühne wieder Boden wett machen.

Wenn Schulen das bieten könnten, dürften (fast) alle zufrieden sein.

Nicht jede Schule ist schlecht. Es mag sogar bessere Hauptschulen als Gymnasien geben, wenn man einmal das unterschiedliche Potential der Klientel berücksichtigt. Auch Schulbesuch muss nicht grundsätzlich verkehrt sein. Trotzdem muss sich Bildung von Schule emanzipieren, um wirklich allen gerecht werden zu können. Es gibt Kinder, die werden ihr Leben lang nicht schulreif. Pauschale Beschulung nach pauschalen Plänen mit pauschaler Methodik ist nicht bei jedem Individuum gleich effizient. Daher muss es Freiheiten und alternative Konzepte geben. Diese sollten, ausgehend von den Familien in kostenlosen Beratungsgesprächen mit den Kindern, Eltern und Pädagogen ermittelt werden. Auch unabhängige Bildungsbeauftragte des Staates sollten einbezogen werden, um, falls demokratisch/gesetzlich gewünscht, staatliche Aufsicht im schulischen Bildungsbereich zu gewährleisten. In solchen Gesprächen sollte für einzelne Kinder und Jugendliche auch eine Empfehlung für ein Modell des "Homeschooling", Bildung außerhalb von öffentlichen Schulen, herauskommen dürfen.

Das Recht auf Bildung als Legitimation für eine Art Schulpflicht

Aber, so wird besonders regierungsamtlich entgegen gehalten, wir haben nun mal Schulpflicht. Die haben andere Länder auch. Was darunter verstanden wird und wie sie gelebt wird, macht den Unterschied aus. Im Gegensatz zu anderen Ländern scheint man hierzulande bei Versagen einfach nur rigoroser, massiver vorgehen und drohen zu müssen, statt konzeptionelle Lösungen zuzulassen. Die Entwicklung der Schulpflicht aller anderen Länder führte dagegen zu vielfältigen Möglichkeiten wie z.B. demokratischen Schulen, Lerngruppen oder zu völlig selbstbestimmtem Lernen. Das Menschenrecht auf Bildung verlangt eine ethisch, nicht eine juristisch umgesetzte Schulpflicht. Und es verlangt Selbstbestimmung, weshalb die Legitimation für alle Bildungsmodelle nicht bei einem Mehrheitsbeschuß liegen kann. Die traurig, historische Wahrheit ist, dass in Deutschland als einzigem Land der Welt Verfolgung und Strafen als pädagogisch geeignete Maßnahmen zur Durchsetzung einer Schulpflicht gelten, die 1. gesetzlich gar nicht mit Schulbesuch gleichgesetzt werden muss und 2. gesellschaftlich längst überkommen ist.

Schulaufsicht, kein Erziehungsauftrag!

Aber, so fahren viele Zweifler fort, der Staat hat einen verfassungsgemäßen Erziehungsauftrag. Immer wieder, leider auch in wissenschaftlichen Arbeiten, wird irrtümlich behauptet, der Staat habe nach Art. 7 des Grundgesetzes einen (eigenständigen) Erziehungsauftrag. Den hat er keinesfalls, und das ist bestimmt gut so. Er muss aber Aufsicht haben über das ganze, öffentliche Schulwesen. Es wird gesetzlich geregelt, dass öffentliche und üblicherweise in Schulen vermittelte Bildung einer staatlichen Aufsicht bedarf wie z.B. auch öffentliche Küchen und Gaststätten, um den konsumierenden Bürger zu schützen. Wenn dieser lieber doch zu Hause kocht und speist, ist er frei dies feudal oder ärmlich anzugehen. Auch der sich selbst bildende Bürger sollte hier frei von allem öffentlichen Gerechtigkeits- und Gleichheitsgebot leben dürfen. International wird das Recht und die Pflicht von Eltern geschützt, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu definieren. Wenn Eltern nun einen Teil ihrer Verantwortung vertraglich auf eine von ihnen frei gewählte, öffentliche Schule übertragen, so wird diese Schule nach ihrem Lehrplan, mit ihrem Konzept und Lehrplan auf fremde Kinder einwirken dürfen.

Aufsicht im System der öffentlichen Schulen darf nicht Vorgabe und Schnüffelei im Privaten heißen!

Der Staat ist im Rahmen seiner legitimen (Mit-)Verantwortung für das Bildungsrecht seiner Staatsbürger berechtigt und verpflichtet, über öffentlich angebotene Bildung samt ihrer Methodik Aufsicht zu üben. Private Konzepte oder auch die  Ablehnung bestimmter Konzepte oder Methodik sollte die demokratische Informationsgesellschaft nichts angehen, solange das Wohl von jungen Staatsbürgern nicht gefährdet wird. Dies zu übersehen ist der schwierigste Teil in der Abstimmung zwischen elterlicher Verantwortung und staatlicher Wahrung. Im Normalfall werden Staat und Eltern, bildungsnahe wie bildungsferne, an diesem Punkt dieselben Interessen haben: Das Wohl und die besten Zukunftschancen für den Nachwuchs. Im Konfliktfall kann aber nicht gesetzlich geregelt sein, dass dieses Wohl immer nur z.B. Unterricht in öffentlichen Schulen bedeutet. Im Gegenteil, das nach Art. 6 (GG) verbürgte Recht, dass Eltern, sofern sie nicht geistig, materiell oder sonst wie unmündig sind, das Wohl und die Art der Bildung ihrer Kinder bestimmen, muss in Praxis und Rechtsprechung bedingungslos durchgesetzt werden können, insbesondere gegenüber staatlichen Stellen.

Fazit

Solange deutsche Schulen in lokaler und finanzieller Reichweite das alles aber nicht leisten, darf auch in Deutschland Homeschooling nicht weiter unterdrückt werden, ohne dass die Effizienz dieser Bildungsmodelle nicht widerlegt wurde. Studien darüber, sofern es sie in Deutschland überhaupt gibt, zeigen sogar immer das Gegenteil: Nichtschüler bleiben motiviert, gesellschaftlich involviert, aktiv und überdurchschnittlich gebildet.
(Jan Edel für Schulbildung in Familieninitiative e.V.)

1 Kommentar:

loadnix hat gesagt…

meine Erfahrungen mit der Schulpflicht waren sehr schlecht, weil ich dort direkt im ersten Schuljahr mit brutaler Gewalt mir gegenüber widerfahren ist, for diser man mich nicht geschützt hat sondern nur wenn Blut geflossen ist die Symtome kuriert hat.
Deshalb bin ich so geworden wie ich bin. 52