28. April 2008

Leserechos

1. Ich habe ein neunjähriges Kind und einen Laden, mit welchem ich unseren Lebensunterhalt bestreite. In diesem Laden verkaufe ich selbst designte Kleidung, die ich in Asien anfertigen lasse, weshalb ich mich beruflich zwei Monate im Ausland aufhalten muß. Trotz Ablehnung meines Antrages auf Freistellung des Kindes vom Unterricht in diesen zwei Monaten seitens des Schulamtes, habe ich Ida immer mit nach Asien genommen und dort selbst unterrichtet. Das Schulamt empfahl mir die Einweisung in ein Kinderheim in dieser Zeit, was ich natürlich nicht wollte. Nun sind bereits zwei Ordnungsstrafverfahren gegen mich anhängig und ich fühle mich extremen Existenzzwängen ausgeliefert. Einst lebte ich von Sozialhilfe und habe mir die Geschäftsidee vor fünf Jahren nur ausgedacht, damit ich meinen Kindern ein angemessenes Aufwachsen ermöglichen kann. Innerhalb von zwei Jahren entwickelte ich ein eigenes Markenzeichen für meine Kleidung und ich möchte diese Existenz auf keinen Fall wieder aufgeben und mich bei Hartz 4 anmelden. Deshalb frage ich Euch alle: Habt Ihr Kenntnis von ähnlichen Fällen? In denen die Eltern (in meinem Fall eine alleinerziehende Mutter) beruflich zweitweise im Ausland arbeiten muß und die Freistellung des Kindes vom Unterricht nicht genehmigt wird? Begründet wird die Ablehnung übrigens damit, daß Eltern Ihre Berufstätigkeit an der Schulpflicht der Kinder ausrichten müssen. Für Eure Hilfe bzw. Hinweise bin ich Euch schon im Voraus sehr dankbar. Angela Hoffmann aus Weimar/Thüringen


2. sehr geehrte damen und herren,
mein name ist ute kurz. ich bin 17 jahre alt und gehe auf ein fachgymnasium in rostock. also mein anliegen, warum ich hier ins gästebuch schreibe, ist, dass ich für den deutschunterricht ein vortrag halten muss. mein thema ist: homeschooling in deutschland. und zu dem thema  habe ich eine frage, die noch geklärt werden muss. z.b. wenn die eltern die kinder zu hause unterrichten, sind die eltern denn nicht berufstätig? wie verdienen sie denn ihr geld? wie kriegen sie das denn alles unter einem hut? und noch etwas: wird homeschooling finanziert? ich glaube nicht oder ?so, dass wäre denn meine frage gewesen, es wäre sehr nett wenn mir irgenteiner von ihnen antworten könnte. (ausführlich, wenns geht), damit ich meine unterlagen vervollständigen kann und somit einen guten vortrag halten werde. danke schön im vooraus! mit freundlichen grüßen ute!!!!!!!

Liebe Ute, weltweit wird Homeschooling nicht immer staatlich gefördert, aber nur in Deutschland werden Homeschooling-Modelle aktiv verhindert.
Deshalb gibt es hier leider nicht die Möglichkeiten für Eltern, die ihre Kinder beim Homeschooling unterstützen wollen, z.B. durch Elterninitiativen, Kooperationen mit anderen Familien oder mit Institutionen.
Trotzdem können Kinder ab einem gewissen Alter völlig selbstständig lernen. Sie besuchen die Volkshochschule, Büchereien, Museen, haben Nachhilfe und reisen viel. Sehr oft nutzen sie Fernschulprogramme. Kleinere Kinder brauchen Lernbeziehungen. Wenn kein Elternteil Zeit hat, kommen andere Verwandte (Geschwister, Opa, Oma, Tante, Onkel usw.), Freunde oder die Eltern anderer Homeschooler in Betracht.
Man wechselt sich einfach ab. In Dänemark z.B. dürfen sich Eltern zusammen tun. Sie gründen eine Minischule, bekommen vom Staat Mittel, Materialien oder ein Schulgebäude zur Verfügung gestellt. Unter Homeschooling versteht man alle Bildungsmodelle ohne Vollzeitschulbesuch. Fernschulen, Initiativen mit privat eingestellten Lehrkräften, Autodidaktik, Lerngruppen gehören dazu wie auch Unschooling. das ist ein Modell, bei dem jede Art der Beschulung bewußt abgelehnt wird, weil man davon ausgeht, dass ein Kind intrinsisch motiviert am besten lernt. Wenn es möchte, verlangt es nach Unterricht. In anderen Ländern kann es dazu auch ein einzelnen Veranstaltungen der Schule teilnehmen.
Bei anderen Modellen meldet man sich bei einer "Stammschule" an. Man lernt zu hause oder da, wo man will und die Schule gibt einem Feedback in Form von Prüfungen. In Kanada zum Beispiel bekommt man, wenn man sich registrieren läßt 1000,- kanadische Dollar. Die Schule bekommt ebenfalls Geld. In Russland bekommen Homeschooler m.W. Lernmaterialien gestellt.
Sie sehen, es gäbe viele Möglichkeiten. Man muss sich nur in anderen Ländern umhören und umsehen.
Es gäbe noch viele weitere Beispiele für die wirtschaftliche und effiziente Umsetzung der verschiedenen Homeschooling.Modelle.
An dieser Stelle möchte ich auf mein Buch "Schulfreie Bildung" hinweisen.
Freundliche Grüße und viel Erfolg,  Jan Edel


3. Hallo Jan! Ich habe jetzt für Freitag einen Termin beim Direktor.
Nun hat mich noch ein Verwandter davon abzuhalten versucht, das durchzuziehen.
Dabei hat er Sachen angesprochen, worüber ich mir bis jetzt noch gar keine Gedanken gemacht habe.
Was ist wenn das Jugendamt meinen Eltern das Sorgerecht entzieht, da diese ja nicht mehr über mich kontrollieren können (da ich ja einfach so nicht mehr in die Schule gehe.) ???
Was ist wenn sie mich mit der Polizei abholen? (Ich glaube nicht das ich mich da mit dem Grundgesetzt rausreden kann, das könnte ja dann auch ein Verbrecher tun. Und ich gelte dann genauso als Verbrecher, da ich eine Ordnungswidrigkeit begangen habe.)
Was soll ich auf die Frage des Direktor antworten: „Es gibt eine Schulpflicht! Deswegen kommst du morgen wieder in die Schule!“ Soll ich sagen das es Ausnahmeklauseln gibt??? Und die Ärzte werden mir auch nicht so einen Attest ausstellen, das haben wir ja im Fall Tilmann gesehen.
Ich denke mir, dass das Jugendamt mir Druck machen wird.
Nach diesem Gespräch jetzt mit meinem Verwandten bin ich mir nicht mehr so sicher.
Und der hat das angesprochen, ohne sich darüber vorher zu informieren. Da weiß ich nicht, was der Direktor mir noch alles sagt, denn der hat ja Ahnung. Ich bräuchte einfach mal was, wo draufsteht, was die alles einem vorwerfen können und wie man sich dagegen wehrt. LG V. (14 Jahre)

Hallo Vinzenz, nun sprich erst mal mit dem Direktor und mache ihm Deinen Leidensdruck plausibel. Dafür kann Dir keiner den Kopf abreißen. Und das Jugendamt wird auch nicht gleich und ohne Gespräche mit Dir das Sorgerecht für Dich beantragen. Wie gesagt, das müsste zunächst bei ca. 500.000 anderen Schülern passieren, damit es in Deinem Fall gerechtfertigt wäre.
Du begehst durch Schuleschwänzen keine Straftat, auch keine Ordnungswidrigkeit. Das tun bestenfalls Deine Eltern, wenn sie dich nicht an einer anerkannten Schule anmelden oder dich nicht hinschicken. Straftat ist das für Eltern m.W. nur im Saarland und in Hessen, aber in Hessen gibt es ja auch noch die Todesstrafe (die aber nicht zur Anwendung kommt, weil das höhere Grundgesetz es verbietet).
Mit der Polizei wirst Du höchstens ein oder zwei mal zu Schule gefahren, dann spätestens werden sie sich ziemlich doof und missbraucht vorkommen (übrigens genau wie viele Richter, die mit speziellen Situationen wie bei dir konfrontiert werden).
Auf die mögliche Frage des Direktors nach der Schulpflicht kannst Du sagen, dass Du keineswegs gegen gute Bildung bist, was ja der ursprüngliche Grund der Schulpflicht war und hoffentlich noch ist und dass das Gesetz nicht für das Gesetz, sondern für Dich und Deine Rechte gemacht wurde. Vernunft und Verstand in der Situation muss mehr sein als das Wort, das nur zu regeln versucht. Zur Not muss man eben Gebrauch von den eingebauten Ausnahmeregeln machen.
Einen gewissen Druck, auch vom Jugendamt, wenn es schlicht paragrafentreu sein will, wirst Du aushalten müssen, das wird Deinen festen Entschluss und Deinen Leidensdruck beweisen.
Eine fertige Liste oder ein Patentrezept gibt es leider nicht. In 4 Jahren wirst du zurückblicken und gewahr werden, dass Du Dich als einer der Pioniere für Dein Land betrachten darfst.
Trotzdem darfst Du Hilfe in Anspruch nehmen. Versuch einen Verwandten, einen Freund oder einen Rechtsanwalt von Deiner Sache zu überzeugen und nimm ihn stets mit zu Gesprächen.
Wenn Deine möglichen Widersacher anfangen zu behaupten, Dein Vorhaben könnte bildungstechnisch scheitern, steht also kein Rechtsgrund mehr im Wege. Und dass es dann klappt, davon dürfen sich die Skeptiker später gerne überzeugen, in, sagen wir, vernünftigen, von Clonlara auszuhandelnden Abständen.
Kopf hoch, Schultern runter und atmen! Jan

Keine Kommentare: