7. April 2008

Rechtsschutz für Kinder: Dem Staat auf die Finger (sc)hauen

Was würden Sie sagen, wenn eines Tages Ihr 14-monatiges Kind in eine Ganztagseinrichtung verpflichtet würde, weil es immer noch nicht sprechen kann (oder mag)? Kindergartenpflicht, Vorschulpflicht, Sprachkurspflicht, Sozialmaßnahmenpflicht, Einschränkungen des Sorgerechts und der Aufenthaltsbestimmung, Kitapflicht, Pflicht zur Ganztagsschule oder Ganztagsbetreuung und vieles mehr soll nach dem ausgemachten Willen der Politik bald ohne weiteres möglich werden. Die Verantwortung haben dann nicht mehr Sie, sondern "ein Gesetz zur optimalen Kindesförderung" und derjenige, der demnach einen vermeintlichen Missstand in Ihrer Familie wähnt.
Die in der Regel kinderarmen Vertreter des Staates haben sich offen aufgemacht, die klassischen Familienkulturen weiter aufzulösen und ihnen ihre "sich wandelnden Wertenormen" aufzuprägen. Das jedenfalls legen verschiedene beauftragte Rechtsgutachten, Gesetzentwürfe und deren vorzeitige Erprobungen in der Praxis nahe, die von führenden Regierungspolitikern wie Frau Zypries und Frau v.d.Leyen ausgehen und massiv gepusht werden. Kaschiert und verschleiert werden diese Ziele mit Euphemismen wie z.B. der "Förderung der Familie" oder der "Optimalen Bildung nur in staatlichen Institutionen".
Gelegentlich werden wir auf Symptome dieser fatalen Polittrends aufmerksam gemacht, wie z.B. durch den FAZ-Artikel "Wegnehmen ist das Einfachste" vom 15.03.2008 auf S. 3.
Fast allein auf weiter Flur hat sich das Familiennetzwerk Deutschland angemessen kritisch gegen weitere Verstaatlichungen geäußert, z.B. per Pressemitteilung (Der Staat greift nach den Kindern).
Frau Zypries fühle sich immer sicherer und nehme kein Blatt mehr vor den Mund, so das Netzwerk. "Es ist auch nicht mehr von Migrantenkindern oder speziell belasteten Kindern die Rede.", wenn der Staat die Jugend durch die neuen Gesetze vorgeblich "optimal erziehen und schützen" wolle.
Bei den geplanten Gesetzesänderungen handelt es sich um die Novellierung des BGB §1666 (Sorgerecht) und ergänzend SGB VIII §24 ("Ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern ... Dieser fest definierte "Bedarf" m u s s jährlich ermittelt und umgesetzt werden".
In Verbindung mit der Novellierung des §1666 BGB (Wegfall der Eingriffsschwelle des elterlichen Versagens bei Kindeswohlgefährdung) und die explizite Nennung der Möglichkeit der Anordnung, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen, durch das Familiengericht, kann nun recht einfach eine individuelle Kita-Pflicht ausgesprochen werden, sofern z.B. das Jugendamt durch "Nicht-Förderung" eine Gefährdung vermutet.

Verfassungsrechtlich, das wissen die Protagonisten, stehen eigentlich nur die jedem Bundesbürger garantierten Grundrechte Art. 1 bis 19 der seit langem angestrebten gesellschaftlichen Umbildung im Weg. Hierzu zählt insbesondere der Art. 6, nach dem grund- und menschenrechtlich immer und insbesondere nach den Erfahrungen des Dritten Reiches zunächst allein die Eltern die Rechte ihrer Kinder vertreten und der Staat nur als Surrogat fungiert.

Vermeintlich entgegenkommend wird allerdings trotzdem der Artikel 7 des Grundgesetzes angesehen, der ausgerechnet dem Staat oder zumindest der Schule mindestens gleichberechtigte Erziehungsverantwortung angedeihen lassen soll. Nur mit einem unabhängigen, also nicht von Eltern beauftragten Erziehungsrecht von Nichteltern wird landläufig dann auch die staatliche Schulpflicht legitimiert.

Diese und andere mit diesem Grundrecht verbundenen Irrtümer können am Wortlaut des Grundrechts leicht aufgedeckt werden, wie wir gleich sehen werden.

Über das Mittel einer immer weiter ausgedehnten Schulpflicht sehen Ideologen die einzig rechtliche Chance für den Staat, die Erziehungshoheit der Eltern anzugreifen und immer weiter auszuhöhlen.

Aus diesen Gründen sollte, am besten durch eine gut vorbereitete Sammel-Parade-Verfassungsklage, ein für alle Mal und unmissverständlich gezeigt werden, dass der Artikel 7 unseres höchsten Gesetzes Bürgerrechte und nicht Befugnisse eines Staatsapparates versichern.

Wer von den jungen Eltern, denen diese Grundrechte zugedacht sind, kennt diesen Artikel überhaupt noch genau? Hier ist er gleich:

Artikel 7 GG
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

Folgende, dort für selbstverständlich angenommene Rechtsverständnisse sind dort NICHT enthalten:

  1. Ein eigener Erziehungsauftrag des Staates
  2. Ein eigener (nicht von Eltern delegierter) Erziehungsauftrag der öffentlichen Schule
  3. Eine Pflicht von Kindern, Jugendlichen oder ihren Eltern, das vom Staat beaufsichtigte  Schulwesen in Anspruch zu nehmen.
  4. Der Ausschluss von Bildungsmodellen ohne Schule innerhalb und außerhalb des Schulwesens.
  5. Die Schulpflicht, die Schulbesuchspflicht noch irgendeine andere Pflicht für den Bürger.
  6. Die Einschränkung der freien Wahl einer Privatschule (explizit innerhalb des Schulwesens) oder eines jeglichen anderen Bildungsmodells außerhalb des Schulwesens.
  7. Die Bedeutung, dass das Schulwesen oder irgendeine Schule gleichsam (und notwendigerweise) den Staat verkörpert. (Mit Schule oder dem Schulwesen muss nicht der Staat gemeint sein. Nach den Erfahrungen des Dritten Reiches wird für das ganze Schulwesen offensichtlich gerade eine Aufsichtsinstanz gefordert, die von der Organisation von öffentlichen Schulen unabhängig ist)

Art. 7 GG sichert also lediglich ein Schulwesen, das, staatlich beaufsichtigt, jedem (kostenfrei) zur Verfügung stehen und gerecht sein soll.

Vorschulen (historisch gesehen waren das Schulstrukturen, die sich der Adel bis 1917 aus eigener Tasche leisten konnte, um Privilegien höherer Bildung zu erhalten) sind im Grunde heute mit organisierten Nachhilfediensten und -instituten vergleichbar.

Das Gutachten von Dipl. jur. Goldbecher aus Rostock ist ein brauchbarer Ansatz, um mehr Klarheit in das Dunkel verworrener und bislang trüber Rechtsprechung zu bringen. Wer bietet mehr?

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