15. Februar 2008

Homeschooling für Hochbegabte

bildungsnah und schulfern

"Daheim unterrichten?" (FAS 03.02.2008, Nr. 5, Seite 66)
Aus dem Gewaechshaus: "Daheim unterrichten" von Eberhard Rathgeb

Leserbrief zu "Daheim unterrichten"
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Rathgeb,

Ihre sicherlich wohlmeinende Kolumne zum Hausunterricht ist bei näherem Hinsehen doch von einer erschreckenden Unkenntnis der Verbreitung, der Chancen, der Begründungen und des Erfolges der vielfältigen Formen des Hausunterrichts in der Welt geprägt. Deutschland ist praktisch das einzige zivilisierte Land, in dem die eigene Unterrichtung der eigenen Kinder unter Strafe steht. Wussten Sie das nicht? (Nähere Nachweise in den Links)

Bildungsfreiheit EINSCHLIESSLICH der WAHLFREIEN Unterrichtung von Kindern zuhause, wann, wie und (für) wie lange auch immer ist Wahrzeichen aller modernen zivilisierten Staaten; Schulzwang ist und war schon immer Kennzeichen eigentlich nur der Diktaturen. Erstaunlich ist, dass Deutschland als, man kann schon sagen: praktisch einziges Land der Welt, ersteres sein will, aber sich wie letztere verhält. In den sechzehn Bundesländern gilt das Reichsschulgesetz des nationalsozialistischen Erziehungsministers Dr. Frick als Landesrecht fort, während das, was Deutschland mit Strafe bedroht und was seit dem Kriege zehntausende Familien ins Ausland getrieben hat (! - genaue Zahlen liegen natürlich nicht vor, Homeschooler leben, wenn sie es können, in Deutschland als Verfolgte im Untergrund und werden z.T. von deutschen Behörden bis ins Ausland verfolgt, geben sich also auch dort nur zögerlich zu erkennen, wollen sie nicht die Kindeswegnahme durch Jugendämter riskieren!), in anderen Ländern sogar finanziell gefördert wird.

Sie stellen dann, und diese Frage kann man nur in Unkenntnis der eben genannten Tatsachen überhaupt ernsthaft stellen, die Frage "ob die Eltern sich aber den ganzen Unterrichtsstoff in Mathematik, Physik, Deutsch, Geschichte, Englisch und so weiter bis zum Abitur zutrauen".

Diese Frage ist nachgerade erstaunlich für jemanden, der vermutlich doch als Redakteur selbst Abitur hat:

a) Haben die so hinterfragten Eltern nicht selbst Abitur und somit GENAU die Kenntnisse erworben, die sie nun nur -etwas aufgefrischt, gewiss- an ihre Kinder weiterzugeben brauchen?

b) Geben nicht hunderttausende Abiturienten und Studenten IRGENDWELCHER Fächer in genau den o.g. Fächern anderen Abiturienten NACHHILFE - und zwar wohl deshalb, weil die VORMITTAGS ACH SO QUALIFIZIERTEN, beamteten Lehrkräfte dieselbe Leistung, die Sie als Journalist Eltern nicht zutrauen mögen, millionenfach bewiesenermaßen nicht erbringen??? Lernen also nicht die MEISTEN Schülerinnen und Schüler NACHMITTAGS von Eltern oder (meist) Gleichaltrigen BESSER genau das, was Sie in ihrem Artikel nur den studierten Lehrkräften zu lehren zutrauen, wo diese aber erkennbar auf der ganzen Linie versagen?

Aber den eigentlichen Punkt haben Sie völlig übersehen: der ältere, d.h. heranwachsende Homeschooler bringt sich diese Fächer mehr und mehr selbst bei (und mehr als das, hat er/sie doch vormittags Zeit, er/sie hört oft noch als Gasthörer/in Vorlesungen an der ... Universität! Gerade das, dass diese Menschen nach behutsamer und fürsorglicher Anleitung durch Familie, Freunde und ihr soziales Netzwerk (ja, wer nicht zur Schule geht, hat mehr Zeit als der gestresste "G8-Schüler", soziale Kontakte zu pflegen! Die fehlende Sozialisation ist eine auch durch internationale Studien längstwiderlegte Mär der Verfechter des deutschen Schulzwanges. Es ist das perfideste Argument allemal, wird es doch immer, und immer erst dann, ins Feld geführt, wenn man bereit zuzugeben gezwungen war, dass Hausunterricht im Durchschnitt zu besseren Bildungserfolgen als staatlich organisierter führt!) spätestens im Alter der Sekundarstufe II fast ausschliesslich autodidaktisch und erfolgreich lernen. Sie übersehen, dass GERADE DARUM Eliteuniversitäten Homeschooler in den -anders als die Bundesrepublik- in Bildungsfragen ZIVILISIERTEN Länder dieser Erde bevorzugen, weil sie eben selbständig zu lernen gewohnt sind - etwas, das Universitäten den dem normalen Schulzwang Entronnenen bei uns erst wieder mühsam beibringen müssen (dafür aber schlecht qualifiziert sind. Konsequenz: es ist mittlerweile einfacher, stattdessen auch das tertiäre Bildungswesen im Lernverhalten der Schule anzupassen, Stichwort "Bologna-Prozess").

Der Verfasser selbst hat das Gymnasium bewusst mit der 10. Klasse verlassen, um sich als Externer dem Abitur zu unterziehen - ohne, dass es in Deutschland dafür Infrastruktur oder gar Anerkennung gegeben hätte, und dennoch, ich habe das Abitur. In Kanada wäre ich dafür noch staatlich mit vierstelligen Beträgen jährlich gefördert worden, in Deutschland wurde ich scheel angesehen, weil ich darauf bestand, dass in meinem Abgangszeugnis stand "Er verlässt die Schule, um sich ausserschulisch auf das Abitur vorzubereiten".

Der Rückgang der Zahl deutscher Nobelpreisträger und Patentanmeldungen im internationalen Vergleich korreliert EXAKT mit der Einführung des Schulzwangs durch den Nationalsozialismus und seiner Beibehaltung durch das ach so demokratische Nachkriegsdeutschland. Zufall? Ich würde mich freuen, an gleicher Stelle bald eine Kolumne Ihrer Zeitung zu finden, in der Sie auf die Vorzüge freier Bildung im Ausland eingehen, das wäre journalistisches Bildungsbürgertum.

Ach und a propos "die Privatschule liegt in der Mitte". Als Entwickler einer modernen pädagogischen Konzeption und Mitgründer einer diese verwirklichenden Privatschule in Deutschland muss ich Ihnen mitteilen, dass private Schulen hierzulande nur deshalb so schleppend vorankommen, weil es Eltern nicht vergönnt ist, unter einer grossen Palette verschiedenartiger Konzepte frei zu wählen. Nur dort (ergänze: überall im modernen zivilisierten Ausland), wo grundsätzlich das Recht gegeben ist, die Bildung seiner Kinder FREI zu organisieren, können auch ALLE Arten von Privatschulkonzepten existieren und miteinander und dem staatlichen System konkurrieren. NUR IN DEUTSCHLAND ist die Privatschullandschaft künstlich verarmt, an ein Summerhill nicht im Traum zu denken, weil die Länder in Überspannung der Verfassungsgebote (Art. 7 Grundgesetz spricht nirgends von Schulzwang!) Privatschulen "nach ihrem Bilde" schaffen oder sie ansonsten verbieten. Könnten die Eltern dann wenigstens sagen "na gut, dann eben nicht, bleibt das Kind erstmal zuhause" - was täte da der wahrhaft fürsorgliche Staat? Er würde jede VERNÜNFTIGE private Schule umso freudiger begrüssen, da sie ihm -das gilt auch für das noch so aufgeklärte Ausland!- immer noch näher steht als der so gar nicht etatistische, individuelle Hausunterricht.

Zusammengefasst: solange eine unaufgeklärte Öffentlichkeit, solange die überwiegende Mehrzahl deutscher Parlamentarier und Politiker, ja gar die obersten Bundesrichter, nicht wissen, dass dieser deutsche Sonderweg vom Ausland mit wachsendem Entsetzen betrachtet wird und HAUPTURSÄCHLICH für den Zustand unseres Bildungssystems ALS GANZES ist, solange selbst Journalisten diese einfachsten Tatsachen nicht kennen, ja nicht einmal recherchieren, weil sie das deutsche Modell für weltweit verallgemeinerungsfähig glauben, solange wird Deutschland intellektuell weiter veröden, wird der "Brain Drain" sich fortsetzen und verstärken.

Gerade Hochbegabte passen z.B. ins deutsche Schulsystem nicht hinein, gerade sie sind i.d.R. autodidaktisch veranlagt, gerade sie werden durch lehrerzentrierte, noch so gut gemeinte, Bildungsangebote mehr gebremst als gefördert, gerade sie werden im Ausland (und im Untergrund auch in Deutschland) von Eltern unterrichtet. Für sie sind auch die staatlich approbierten Lehrkräfte im übrigen nicht ausgebildet (ja, überhaupt sind ca. 50% der deutschen Lehrer ungeeignet für den gewählten Beruf AN SICH, wie Studien nahelegen).

15% der Hochbegabten "besuchen" bei uns Sonderschulen, viele erreichen an der Regelschule GERADE WEGEN ihrer Hochbegabung nicht auf direktem Wege ihre Hochschulereife; auch Einstein musste dazu in die Schweiz auswandern, nachdem sein DEUTSCHER Lehrer ihm deutlich zu verstehen gab, er sei fuer ihn "taeglich eine Provokation" - in der Schweiz bestand er mit lauter Sechsern, d.h. den dortigen Bestnoten sein Abitur, was aber von unseren hörigen Kultus-Hagiographen bis heute verkehrt dargestellt wird, so als ob je ein Schüler mit Sechsen überhaupt ein Abitur bekommen hätte. Die Analphabetenrate wie auch Sonderschulpopulation steigen in Deutschland jährlich an, in Baden-Württemberg sind 20% der besten Hauptschüler besser als das untere Drittel der Gymnasiasten!

Wenn Sie mehr wissen moechten, schicke ich Ihnen im Übrigen gerne unsere umfangreiche Konzeption.

Mit freundlichen Gruessen
Franz Rasch
-Vorstand FSA e.V.-
www.fsa-ev.de

Hier können Sie sich über die Rechtslage in anderen Ländern informieren:
www.lernen-ohne-schule.de/gesetze.htm (Gesetztextsynopse Europa)
www.lernen-ohne-schule.de/rechtslage.htm (Übersichtskarte Europa)
http://www.hausunterricht.org/html/hs_international.html
http://www.leben-ohne-schule.de/europa.html

In Englisch
http://www.home-education.org.uk/europe/country.htm
http://www.hslda.org/hs/international/default.asp
http://homeschooling.gomilpitas.com/regional/Region.htm
http://www.alternative-learning.org

Keine Kommentare: