Zur Frage nach offizieller Einführung von Homeschooling-Modellen in Deutschland ist es natürlich wichtig zu wissen, was Bildung überhaupt sein soll, wie Bildung "funktioniert" und was praxistaugliche Modelle zu staatlicher Förderung (neben Schulbesuch) sind. Für eine zeitgemäße Antwort auf die letzte Frage hilft freilich nur der Blick ins Ausland, weil in Deutschland seit der schändlichen Zeit des Nationalsozialismus keine solchen Modelle mehr offiziell zur Anwendung kamen und die Zeit davor kulturgeschichtlich zu weit entfernt liegt (siehe Hauslehrermodelle, Stichwort Kultur- und Strukturwandel, technischer Fortschritt ...). Die großen Reformpädagogen aus jenen Zeiten hatten vielfach die richtigen pädagogischen und mathetischen Ansätze, auch für unsere Zeit. Leider konnten diese Ansätze, die oft schon im Grunde auf bestimmte Homeschooling-Modelle hinausliefen, im staatlich besetzten Schulsystem nie wirklich zur Entfaltung kommen.
Vorweg: Bildung sollte nie Opfer politischer Machtkämpfe werden. Politische Einmischung oder ideologischen Reden helfen nicht bei der Umsetzung praxistauglicher Lernmodelle.
Unsere Kinder und deren individuelle Situation sollen stets im Vordergrund stehen. Wer fragt denn auf politische Ebene schon danach, was Kinder zum erfolgreichen Lernen brauchen?
1) Freiraum, Ruhe und Zufriedenheit
2) Ein anregendes, vielseitiges Umfeld, in dem Kinder sich zuhause und angenommen fühlen
3) Zugewandte Bezugspersonen
4) Lernen als persönliche Erfahrung (mit Kopf, Herz und Hand)
5) bei Bedarf eine überschaubare, altersgemischte, selbstbestimmte Lerngruppe
Wie in der freien Wirtschaft und der Arbeitswelt brauchen wir einen neuen Trend weg von starren Arbeitszeiten hin zur Ergebnisorientierung (Unternehmen wie Deutsche Bank, SAP, IBM u.a. machen es bereits vor). Um Selbstständigkeit und Eigenmotivation zu erhalten und von Anfang an zu unterstützen, darf auch die Verortung, dort der Arbeit, hier der Bildung, nicht vorgegeben werden. Dazu gehen Firmen, natürlich auch aus Kostengründen, dazu über, ihre Mitarbeiter zwar fest angestellt zu bezahlen, aber wie Freiberufler arbeiten zu lassen (sobald die Tätigkeit dies zuläßt). Bildung ist unabhängig von Zeiteinteilung und Ort.
Für Homeschooling werden in den gesetzlichen Regularien im Ausland verschiedene landessprachliche und oft englische Begriffe verwendet, z.B. "education otherwise", "individual tuition", "home education" u.a. Die entsprechenden deutschen Bedeutungen und auch die weiteren gesetzlichen Ausführungen im Ausland reduzieren Homeschooling meistens weder auf den Ort (etwa Zuhause) noch auf pflichtgemäßen "Unterricht" daselbst. Trotzdem gehen viele dieser Modelle(auch Fernschulmodelle) stillschweigend davon aus, dass Eltern oder andere, nahestehende Menschen Zeit mitbringen und oft in gewissem Sinne auch bedarfsweise "unterrichten".
International gibt es neben allen Homeschooling-Modellen mit staatlicher Aufsicht, also im Rahmen einer allgemeinen Schulpflicht, auch Möglichkeiten der (Schul-)bildung weitgehend ohne staatliche Aufsicht (in der Verantwortung der mündigen Bürger für ihre Kinder, z.B. Groß Britannien).
Im Folgenden nun stichpunktartig ein paar Praxismodelle für offizielles Homeschooling im Ausland unter staatlicher Aufsicht (manchmal kombiniert vorzufinden):
- Homeschooling mit Meldepflicht bei Behörden (nur Registrierung)
- Prüfungspflicht bei einer staatlich anerkannten Schule (z.B. jährlich wie in Österreich, alle vier Jahre, nur für Abschlussprüfungen)
- Homeschooling mit Anmeldung an einer anerkannten Stammschule mit Anwesenheitszeiten nach Absprache zwischen Schulleitung und Eltern (Tschechien: "Individual Tuition")
- Fernunterricht mit Versandmaterialien (Australien, Kanada, USA, Frankreich etc.)
- Fernschule über Internet und andere Techniken
- Stammschulprinzip wie heute schon für Zirkuskinder, Schiffer und Kinder anderer mobiler Lebensentwürfe
- Bildungskonzepte wie heute schon für Leistungssportler, Prominente, Musiker, Künstler, Freiberufler, Seh- oder Hörbehinderte
- Freie Bildung und (in England z.B. freiwillig basierte) Besuche/Gespräche mit Erziehungsbeamten
Weitere Möglichkeiten für staatlich legitimierte Homeschooling-Modelle wären stichpunktartig:
- Pflichtteilnahme an PISA Tests alle drei Jahre
- Einführung einer Legitimationsphase von einem Jahr (0. Schuljahr)
- 24h Online Schule im Internet mit allen Angeboten für Fächer und Abschlüsse (auch mit Kamera und bei Bedarf mit Signatur und Verschlüsselung, technisch längst vorhanden, z.B. per Skype oder ICQ)
- Eine Europa-Netz-Schule könnte nach dem Prinzip der freien Enzyklopädie Wikipedia durch die Informationen und Beiträge aller Nutzer wachsen.
- Prüfungen in einer selbstbestimmten, anerkannten, öffentlichen Schule zum Jahresende
Sehr attraktive Gesetzesvorlagen finden sich je nach staatlichem Anspruch bei Irland und Tschechien (siehe auch http://www.homeschooling.de/gesetze.htm)
Im Zuge des allgemeinen Sparzwangs werden Integrierende Schulmodelle politisch immer stärker forciert, oft ohne dass Eltern das so bewußt ist. Auch werden sogar immer mehr Grundschulen geschlossen oder zentral zusammengelegt. Z.B. sollen derzeit im westfälischen Hagen mindestens 5 Grundschulen eingespart werden. Hintergrund sind die von einem speziellen "Tutor" empfohlenen Sparmaßnahmen, die vom Regierungspräsidenten in Arnsberg nun von den Kommunen gefordert werden (siehe Bericht im WDR5).
All diese Maßnahmen sollten mit erweiterten Möglichkeiten für Homeschooling einhergehen.
Für Fernlehrmodelle als Link-Tipp diene an dieser Stelle der Deutsche Bildungsserver, dort der Blog zu E-Learning 2.0
Für bessere Bildung wird bürgerrechtliches Engagement und gesunder Freiheitsdrang immer notwendig bleiben. Strategisch wichtig für die Übernahme freier Bildungskonzepte in Deutschland sind die Beachtung der Meschenrechte (Selbstbestimmung, Weltanschauung, Erziehung/Bildung) und der Blick zu den Regularien aller anderen Länder Europas und darüber hinaus.
Verfolgung und Strafen als pädagogisch geeignete Maßnahmen zur Durchsetzung einer Schulpflicht, die 1. gesetzlich gar nicht mit Schulbesuch interpretiert werden muss und 2. gesellschaftlich längst überkommen ist, müssen stante pede vor allen anderen Gesetzesinitiativen für Bildungsfreiheit abgeschafft werden. Schulbildung per Schulbesuch wird immer mehr zu einer Mindest- und Minimalversorgung. Lebens- und Lernzeit wird hier in Anbetracht anderer Medien und Möglichkeiten ineffizient vertan. Das mögliche Wissens- und Fähigkeitsspektrum wird in Anbetracht der Wissensexplosion immer mehr eingeschränkt. Die vermittelte Schulbildung wird eingleisiger, schmalspuriger, pauschaler. Aber auch die Integrations- und Sozialisationsleistung der Schule heute reicht nur noch minimalen Bedürfnissen. Ohne erhebliche und grundsätzliche Verbesserungen, deren Möglichkeit im vorhandenen System sehr limitiert ist, dürfen alternative schulfreie Bildungskonzepte, wie im Ausland möglich, in Deutschland nicht länger unterdrückt werden.
Auch wenn viele Medienberichte Glauben machen wollen, Homeschooling ist keine "religiöse" Bewegung, sondern vereinigt Bildungskonzepte ohne Schule, die eben oft auch von christlichen Familien in Anspruch genommenen werden bzw. erfolgreich erprobt wurden.
Zusammenfassung
- Der Staat hat keine Erziehungspflicht - und auch weder gesetzlichen Auftrag noch eigenes Recht.
- Deutsche Schulpflicht sollte wieder wie die anderer Länder werden: ohne staatliches Diktat und mit allen privaten Möglichkeiten!
- Homeschooling-Modelle werden international anerkannt, aber in Deutschland teilweise sogar noch bestraft.
- Förderpriorität für bessere Bildung haben a) der Bezug des sich Bildenden zu anderen Menschen (Goethe: Man lernt nur von dem, den man liebt) und b) der Bezug zum realen Leben, sinnverbunden und emotional.
- Bessere Bildung kann nicht staatlich "gemacht" werden. Sie wird in einem freien, natürlichen Umfeld und durch ungebrochenes Eigeninteresse in Selbstbestimmung erworben.